Weinanbaugebiet Guben / Neuzelle, Teil I


Weinanbaugebiet Guben, Neuzelle
- Weinanbau in der Region Guben / Neuzelle -

Das Gubener Weinbaugebiet war nicht nur das größte, sondern auch das wirtschaftlich wichtigste Weinbaugebiet der Niederlausitz. Mittelpunkt war die Stadt Guben, wo der ausgedehnte Staumoränenzug der Gubener Berge weithin mit Weinbergen bedeckt war. Von hier aus erstreckte sich das Gubener Weinbaugebiet im Süden über das „Alte Land“ bis Pförten und westlich der Neiße über die Grundmoränenplatten des Gubener Landes, im Norden bis über Fürstenberg hinausreichend.

In Guben gehörte der Weinbau jahrhundertelang zu den wichtigsten Erwerbsquellen der Bürgerschaft72. Erstmalig wird er im Jahre 1280 erwähnt. als Markgraf Heinrich der Erlauchte der Stadt Guben die Erlaubnis erteilte, die Viehweide bei der Stadt zu Wein- und Hopfengärten zu verwenden. 1306 stand der Gubener Weinbau bereits in Blüte, denn damals gab Markgraf Herrmann den Bürgern das Recht, mit Bewilligung des Rates ein Viertel Jahr lang Bier und Wein zu verkaufen. Verschiedene Zeugnisse lassen erkennen, dass der Gubener Wein schon im 14. Jahrhundert einen wichtigen Exportartikel darstellte, der vor allem in die Ostseeländer verhandelt wurde. Als ,,Gubbin urbs vinifera'' wird die Stadt 1433 vom Stadtschreiber von Kulm in Westpreußen bezeichnet, und 1714 nannte man sie „die von altersher berühmte Wein-Stadt Guben“. Welche hervorragende Bedeutung der Weinbau einst für die Bewohner der Stadt gehabt hat, erhellt u. a. aus den seit 1430 erhaltenen Stadtbüchern, in denen sich ungefähr die Hälfte aller Eintragungen auf Weinberge bezieht73. In den um 1525 einsetzenden handschriftlichen Annalen verschiedener Gubener Bürger gehören die Berichte über Weinwachstum und Weinerträge zu den alljährlich wiederkehrenden Eintragungen74. In dem guten Weinjahr 1545 z. B. wurden 1000 Fuder (4000 Viertel) Wein eingebracht, 1547 971 Fuder blanker und 547 Fuder roter, 1548 608 und 300 Fuder. Um 1720 hieß es sprichwördlich „Guben hat mehr Weinberge als Tage im Jahr“75. Im 18. Jahrhundert wurden auf den Gubener Weinbergen jährlich 1500 bis 2000 Viertel, in guten Weinjahren bis zu 3000 Viertel Wein gewonnen55. Nach Loocke76 gab es um 1800 bei Guben gegen 1000 Weinberge, auf denen im Durchschnitt jährlich 8000 Eimer geerntet wurden77.

Nach der Inbetriebnahme der Eisenbahn (1846) ging der Weinbau in Guben schnell zurück. Seit Anfang der fünfziger Jahre wurde ein beträchtlicher Teil des Weines, namentlich die besseren Sorten, als Trauben verkauft und vielfach nach auswärts versandt, während nur noch die geringeren Sorten zur Presse kamen. Versteuert wurden im Jahre 1859: 767 Eimer, 1860: 1010 Eimer, 1861: 220 Eimer78. 1868 gab es in Guben noch 600 Morgen Weinbaufläche, jedoch wurde nur noch auf 100 Morgen Wein zum Keltern gebaut, der jährliche Ertrag belief sich auf 1000 bis 1200 Eimer Wein66. 1878 betrug die Weinbaufläche in Guben 51 Hektar, 1885: 30 Hektar, 1889: 20 Hektar, 1900: 4 Hektar79, 1902 nur noch 2 Hektar22. Schon 1863 hatte die Stadtbehörde zum letzten Male den Beginn der Weinlese festgesetzt, und seit Mitte der 60er Jahre wurde auch das kirchliche Weinlesedankfest nicht mehr gefeiert. Als Seltenheit fanden sich um 1925 noch kleine Rebenanlagen in besonders guter Lage an der „Grünen Wiese“79, wenig später waren auch diese verschwunden.

 

Anteil an dem Rebengelände der Gubener Berge hatten außer der Stadt Guben auch die benachbarten Dörfer Germersdorf und Mückenberg. In Germersdorf wurden noch um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in günstigen Jahren gegen 100 Eimer Wein geerntet. Unmittelbar östlich schlossen sich die Weinberge von Bösitz an, die 1852 eine Größe von 18 Morgen aufwiesen24. Am gleichen Höhenrand lagen weiter östlich die Weinberge von Saude, Pohlo und Grocho. Nach Berghaus wurde der Weinbau in Saude 1830 eingestellt, doch verzeichnet das Kataster von I864 noch eine Weinbaufläche von 3,3 Morgen. Auch in Grocho gab es 1864 noch Weinbauflächen von 0,5 Morgen12. Nicht weit südlich von Grocho bestanden Weinberge bei Zschiegern, Dobern und Kalke. Auf dem die Gubener Talniederung südlich begrenzenden Höhenzug lagen die Weinberge von Beesgen und Schernowitz sowie ein im Dreißigjährigen Kriege wüst gewordener Weinberg des Ordensamtes Schenkendorf80. Die Weinberge von Schernowitz werden 1748 als „die vornehmsten“ der Niederlausitz bezeichnet81. Zusammen mit denen von Beesgen lieferten sie um 1790 einen jährlichen Ertrag von 20 Vierteln55. 1864 werden hier noch 6,1 Morgen Weinland registriert, während nach Berghaus der Weinbau schon um 1820 eingestellt worden ist. Ein Weingarten bei Amtitz wird bereits 1459 in einem Lehnsbrief erwähnt82. Später gab es hier drei Weinberge, davon einen östlich von Amtitz in der Carolather Forst unweit des Dorfes Wald. Die beiden anderen lagen westlich von Amtitz, und zwar der vorderste zwischen der Chaussee und der Bahnlinie, der hinterste jenseits der Bahn. Um 1790 betrug der Weinertrag in Amtitz 12 Viertel55, 1830 wurde der Weinbau wegen Unergiebigkeit eingestellt24. Von Weinbergen bei Starzeddel erfahren wir aus Lehnbriefen von 1565, 1618 und 164883.

 

Eine Kette von Weinbergen zog sich auf den Randhügeln des Werderflüsschens entlang. Im Süden gab es Weinberge bei Pförten, Nablat, Leipe, Marienhain, Hohen-Jehser, Nieder-Jehser und Zauchel. Drei Kilometer östlich von Pförten lag ,,der ziemlich hohe Berg bey dem Dorf Beitsch in der Herrschaft Pförthen. Die Hochadelige Herrschaft von Wiedebach hat auf dem Gipfel dieses Berges ein anmuthiges Lust-Haus aufbauen lassen, die Natur aber hat ihm mit einer sonderbar hohen Fichte gezieret, die man etliche Meilwegs sehen kann. Er ist übrigens mit Weinstöcken belegt, und weil in der Nachbarschaft alles flach und eben ist, so gibt er einen ansehnlichen Prospekt" (1748)84. Um diese Zeit lieferten die Rebenanlagen dieses Berges einen Ertrag von 25 Vierteln a 144 Kannen85. Um 1790 bewegte sich der Weinertrag noch in der gleichen Höhe („gegen 24 Viertel“). 1852 war der Weinbau nach Berghaus bereits eingegangen, während die amtliche Statistik noch 1864 Weinbauflächen von 4,1 Morgen verzeichnet12. Werderabwärts befanden sich Weinberge bei Datten, Kummeltitz, Oegeln, Weltho, Jeßnitz, Liebesitz und Reichersdorf, etwas abseits davon bei Neudörfel und Birkenberge. Die nördlich des Dorfes gelegenen Dattener Weinberge waren bereits 1846 nicht mehr in Nutzung54, dagegen hatte Kummeltitz noch 1864 eine Weinbaufläche von 0,9 Morgen12. ln Ögeln belief sich der Weinertrag 1788 auf 18 Viertel55, noch 1864 wurde hier auf 5,5 Morgen Wein angebaut12. In Weltho gab es 1723 „einige wenige Weinberge, so die Untertanen bauen“136, auch 1852 wurde hier noch ein, wenn auch höchst unbedeutender Weinbau betrieben24. 1864 betrug die Weinbaufläche 6 Morgen. Auch in Neudörfel und Birkenberge bestanden noch 1864 Rebanlagen in Größe von 0,4 bzw. 4,1 Morgen12.

Gubener Weinberg mit Terassierung und Restaurant Tivoli, Lausitzer Weinfreunde
- Gubener Weinberg um 1915 , die Terassierung ist noch gut zu erkennen -

Auch die meisten Dörfer an den östlichen Neißetalhängen betrieben Weinbau. In Mehlen gab es 1852 5,26 Morgen gutsherrliche und 2,164 Morgen bäuerliche Weinberge, für Strega wurde noch 1864 eine Weinbaufläche von 0,8 Morgen registriert. In Pohsen war der Weinbau 1852 bereits erloschen, in Markersdorf ist er um 1820 eingestellt worden24. In Sadersdorf besaßen um 1660 die Bauern, zwei Gärtner und acht Büdner zusammen 18 Weinberge86. Noch 1864 wurde hier Weinbau betrieben, doch war die Weinbaufläche inzwischen auf 0,1 Morgen zusammengeschrumpft12.

Von den im Nordosten von Guben gelegenen Dörfern haben außer dem schon genannten Germersdorf auch Kl. Drenzig, Wallwitz, Buderose und Kuschern den Weinstock angebaut. Um 1790 hatte das Rittergut Drenzig einen Weinertrag von 20 Vierteln55. 1864 betrug die Weinbaufläche in Klein Drenzig noch 2,3 Morgen, in Wallwitz 0,4 und in Buderose 1 Morgen12. Auf der Gemarkung Kuschern lag um die Mitte des 18. Jahrhunderts ein kleiner Weinberg nordwestlich vom Borack-See87. 1852 war vom Weinbau jedoch „kaum die Probe vorhanden“24.